Von: Katrin Aichmayr
Umsetzungsphase: Erste Umsetzungsphase
Umsetzungsort: Linz-Land, Linz Stadt, ganz Oberösterreich
Im Zuge meines Studiums der Sozialen Arbeit habe ich meine Bachelorarbeit (2018) zum Thema: „Bikulturelle Paare – Gleich und doch anders? Herausforderungen in der Partnerschaft und Anforderungen für Beratende im bikulturellen Kontext“ geschrieben. Ergebnis der Untersuchung war unter anderem, dass äußere Rahmenbedingungen die größten Herausforderungen für diese Paare darstellen – das heißt, rechtliche Bestimmungen und Rassismus- sowie Diskriminierungserfahrungen im Umfeld (Behörden, Gesellschaft, Politik, Familie und Freunde). Dazu kommen sprachliche Herausforderungen und weitere Themen, wie z.B. Fremdheitserfahrungen, Migrations- und Integrationsprozesse, unterschiedliche Werte- und Rollenbilder, Ungleichgewicht in der Paarbeziehung etc.
Während der Untersuchung stellte sich heraus, dass die befragten Expert*innen und Betroffenen* ein explizites Angebot für diese Paare (im Sinne von Begegnung, Austausch und Beratung) durchwegs befürworten und eine Plattform in Oberösterreich dafür fehlt! Daraus entstand meine Idee, eine Gruppe für Interkulturelle Paare zu gründen, um erste Schritte für einen Raum zu schaffen, in dem sich diese Menschen begegnen können und deren Anliegen Platz finden. Weiter gedacht könnte daraus ein Verein entstehen, in dem sich Betroffene engagieren, sich gegenseitig unterstützen, von Expert*innen unterstützt werden und auch nach Außen in Gesellschaft und Politik auf ihre Situation aufmerksam machen können.
Interkulturelle Paare, auch verheiratete, haben nicht die gleichen Rechte wie österreichische Paare. Das betrifft vor allem auch deren Kinder. Somit werden z.B. das Recht bei beiden Eltern zu leben und von beiden Eltern erzogen zu werden (Kinderrechtskonvention Art. 9 und 18) und das Recht auf Ehe und Familienleben (Europäische Menschenrechtskonvention Art. 8 und 12) nicht gewahrt. Demnach sind ein großes Thema die rechtlichen Herausforderungen für interkulturelle Paare, gefolgt von Rassismus- und Diskriminierungserfahrungen im Umfeld (Behörden, Gesellschaft, Politik, Familie, Freunde) sowie sprachliche Herausforderungen. Weitere Themen können sein: Fremdheitserfahrungen, Migrations- und Integrationsprozesse, Herkunftsfamilie, unterschiedliche Werte- und Rollenvorstellungen, Kinder und Kindererziehung, Ungleichgewicht in der Partnerschaft, Umgang mit Konflikten, die Funktion der Kultur und Religion in der Paarbeziehung usw.
Nicht zu vergessen sind auch die POSITIVEN Aspekte und Chancen interkultureller Paarbeziehungen. Diese gilt es, besonders hervorzuheben. Die Paare werden sich deren Unterschiede oft bewusster als monokulturelle Paare. Häufig sind sie reflektierter als andere. Sind rechtliche Hürden überstanden, kann dies das Paar immens zusammenschweißen. Unterschiedliche Kulturen, Sicht- und Herangehensweisen können bereichernd sein. Die Paare verfügen meist über eine hohe interkulturelle Kompetenz. Eventuell lernt man voneinander – über das andere Land, Bräuche, Essgewohnheiten etc. oder man eignet sich die Sprache des*der Partners*in an oder eine dritte gemeinsame Sprache etc.
Ein solches Angebot (Gruppe, Verein, Plattform etc.) gibt es schlichtweg in Oberösterreich noch nicht. In Wien gibt es „Ehe ohne Grenzen“ und „die fibel“ – sie sind DIE Organisationen in Österreich, wenn es um die Anliegen interkultureller Paare geht.
Was spricht dafür? Das Angebot ist notwendig und der Bedarf wird steigen, weil: Immer mehr Paare unterschieden sich in ihrer Herkunft, Kultur, Religion, Nationalität und Hautfarbe. In einer globalisierten Gesellschaft sind Beziehungen über nationale Grenzen hinweg in zunehmenden Maße eine Selbstverständlichkeit. Außerdem werden die rechtlichen Bestimmungen für diese Paare stets verschärft und leider sind auch Diskriminierungserfahrungen Alltag für viele der Betroffenen.
Interkulturelle Paare sind ein unübersehbarer Teil unserer Gesellschaft – Laut Statistik Austria umfassten binationale Ehen in Österreich im Jahr 2019 rund 30,4% aller Ehen, Tendenz steigend. Interkulturelle Paare sind demnach ein unübersehbarer Teil der Realität. Sie sind nicht nur private Lebensentwürfe Einzelner, sie sind zugleich Ergebnis gesellschaftlicher und politischer Entwicklungen. Interkulturelle Lebensformen stellen einen wichtigen Motor der Integration dar. Daher brauchen diese Familien einen Platz in unserer Gesellschaft, einen Ort, an dem sie gehört und unterstützt werden, eine Plattform – und vor allem Teilhabe an Mitgestaltung in Gesellschaft und Politik sowie Persönlichkeitsrechte.